Spielzeug in der EU mit weniger Schadstoffen: Das EU-Parlament unterstützt die Revision der Spielzeugrichtlinie

Ein Kommentar von Johanna Hausmann, WECF

 

Johanna Hausmann, Consultant für Gender- und Chemikalienpolitik bei WECF

Spielzeug soll Freude und nicht krank machen. Doch bislang sind in Spielzeug noch viele Chemikalien erlaubt, die als potenziell gesundheitsgefährdend gelten.

Ich weiß nicht, wie lange wir gebetsmühlenartig darauf hingewiesen haben, dass schädliche Chemikalien nichts in Spielzeug verloren haben. Wir haben vor Kaufhäusern und im EU-Parlament Spielzeuge getestet und immer wieder welche gefunden, die gesundheitsschädliche Chemikalien enthielten. Wir hatten die Safe-Toys-Koalition ins Leben gerufen, die sich über Jahre für eine bessere Regulierung stark gemacht hat. Und weil sich nichts änderte, haben wir Eltern informiert, die arglos Spielzeug für ihre Kinder kaufen, wie sie trotz der Gesetzeslücken möglichst schadstofffreie Produkte finden können. Nicht ganz einfach, denn die Inhaltsstoffe müssen im Spielzeug bisher nicht angegeben werden. Spielzeug gehört nach wie vor zu der Produktkategorie, die am häufigsten der Liste der Warnmeldungen über gefährliche Produkte in der EU landen und haben im Jahr 2022 fast ein Viertel aller Meldungen ausgemacht – wegen Sicherheitsmängel und einer zu hohen Schadstoffbelastung.

Das könnte sich jetzt endlich ändern.

Eine deutliche Mehrheit des EU-Parlaments stimmte in dieser Woche für eine Unterstützung der Revision der EU-Spielzeugrichtlinie und damit für  eine Verschärfung der aktuellen Regeln. Durch die Zustimmung und die zusätzlichen Änderungsvorschläge des Parlaments wird das angestrebte Verbot von EDCs in Spielzeug unter anderem durch ein spezifisches Verbot von PFAS, so genannten „Ewigkeitschemikalien“, und Bisphenole ergänzt. Auch Stoffe, die die Atemwege schädigen können, sollen nicht mehr in Spielzeug verwendet werden dürfen. Puppen, Bauklötze und Co. sollen bald keine Chemikalien mehr enthalten, die möglicherweise das Hormon-, Nerven- oder Immunsystem und die Atemwege beeinflussen können. Bisher waren nur Stoffe verboten, die krebserregend oder DNA-schädigend sind oder die Fruchtbarkeit beeinflussen können. Außerdem sollen Firmen, die Spielzeug in der EU herstellen, importieren oder verkaufen, sicherstellen, dass ihre Produkte diese strengen Sicherheitsvorschriften einhalten. Ein digitaler Produktpass soll dabei aufzeigen, welche Materialien und Chemikalien bei der Herstellung verwendet wurden.

Kampf um Kinderrechte gegen Riesen

Die EU-Kommission hatte schon mit ihrem Revisionsvorschlag vom Juli 2023 schärfere Anforderungen für bestimmte Chemikalien in Spielzeug vorgeschlagen, um Kinder besser zu schützen. Doch leider wurden Teile dieser Position durch eine Abstimmung im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucher*innenschutz (IMCO) im Februar diesen Jahres wieder gekippt – unter anderem deshalb, weil bestimmte Industrievertreter*innen dem IMCO den irreführenden Eindruck vermittelt haben, es gebe keine Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit Spielzeug.

Dem widerspricht aber eindeutig die längst vorliegende Auswertung der Kommission von 2020, die deutlich macht, dass die aktuellen Regelungen zu Spielzeug keinen effektiven Schutz bieten. Auf dieser Basis hat die EU-Kommission mit ihrem Revisionsvorschlag vom Juli 2023 eben schärfere Regulierungen vorgeschlagen, darunter auch ein Verbot von hormonell schädlichen Chemikalien (endokrine Disruptoren oder kurz EDCs) in Spielzeug.

Mit einem Push von NGOs zum Happy End

Mit gesammelten zivilgesellschaftlichen Kräften haben wir gemeinsam mit unseren europäischen Kolleg*innen die Fakten zurechtgerückt und noch einmal eindringlich an die Parlamentarier*innen in einem offenen Brief appelliert, für eine Verordnung zu stimmen, die ein Höchstmaß an Gesundheitsschutz für alle Kinder gewährleistet.

Nicht nur vor diesem Hintergrund sind wir natürlich erleichtert, dass die Abgeordneten des EU-Parlaments jetzt für die Revision gestimmt und die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Kinder und die Rechte von Kindern und auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit vor Industrieinteressen gestellt haben.

Denn Kinder und auch wir sind leider aus verschiedenen Quellen schädlichen Chemikalien ausgesetzt und die Belastung der Kinder in Europa (und auch weltweit) u.a. mit typischen Plastikchemikalien  wie Bisphenole, Weichmacher und PFAS häufig so hoch, dass gesundheitliche Schäden nicht ausgeschlossen werden können. Deshalb brauchen wir dringend weitere Maßnahmen wie eine Reform der Europäischen Chemikalien Regulierung oder einem Gruppenverbot von PFAS, um diese Kontaminierung zu beenden. Schädliche Chemikalien gehören nicht nur nicht in Spielzeug, sie gehören nicht in Produkte des täglichen Bedarfs, in die Umwelt und in unsere Körper.

 

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