Tatsächlich Schluss mit Ewigkeitschemikalien? EU veröffentlicht längst überfälligen Vorschlag zur Beschränkung von PFAS 

Heute hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) den Entwurf eines Vorschlags für eine EU-weite Beschränkung von PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen) veröffentlicht. Es ist das bedeutendste Regulierungsvorhaben dieser Chemikalienklasse, das bisher ergriffen wurde.

Wegen des großen öffentlichen Interesse an der Stoffklasse der PFAS, wird der Vorschlag zur Beschränkung von PFAS in den kommenden Monaten vermutlich eine umfangreiche Debatte auslösen. Wir von WECF sprechen uns ausdrücklich für eine umfassende Regulierung der gesamten Stoffgruppe aus. Diese ist längst überfällig. Auch mit unserem Papier zu PFAS und der Unterzeichnung des NGO Manifests sprechen wir uns dazu aus. 

„Jeder Tag, an dem neue PFAS auf dem Markt kommen, ist einer zu viel. PFAS kontaminieren unsere Ökosysteme, landen in uns Menschen und bleiben für immer. Beim Europäischen Human Biomonitoring HBM4EU wurden in Kindern und Jugendliche Belastungswerte gefunden, bei denen gesundheitliche Folgen nicht auszuschließen sind. Die Politik muss handeln – und zwar jetzt!“  Johanna Hausmann, WECF

Warum PFAS so umstritten sind und warum ein Vorschlag zur Beschränkung so bedeutend ist

Die sogenannten „Ewigkeitschemikalien“ sind Alleskönnerinnen. Sie sind fett- und wasserabweisend sowie antihaftend und werden in vielen Produkten verwendet. Sind sie einmal im Umlauf werden wir diese Chemikalien nicht mehr so schnell los. PFAS sind äußerst stabil, sehr langlebig (persistent) und schwer abbaubar und geben deshalb zunehmend Anlass zur Sorge. Da sich die für Umwelt und Gesundheit schädlichen Chemikalien in unzähligen Produkten, von Bratpfannen über Kosmetika, Outdoor-Bekleidung, Lebensmittelverpackungen und Plastikprodukten bis hin zu Feuerlöschschaum befinden, geraten wir ständig mit ihnen in Kontakt und nehmen sie in unseren Körpern auf.

Die fehlende Transparenz darüber, wo und in welcher Menge PFAS in den Produkten enthalten sind, machen es unmöglich, sich durch informierte Kaufentscheidungen vor ihnen zu schützen. Studien zeigen, dass PFAS nicht nur in uns Menschen vorzufinden sind, sondern auch bei Tieren und dass die Chemikaliengruppe einen signifikanten gesundheitsschädlichen Einfluss haben können. Bereits analysierte Chemikalien dieser Stoffgruppe können beispielsweise mit Schädigungen der Leber oder auch mit erhöhten Cholesterinwerten in Verbindung gebracht werden. PFAS-Verbindungen können hormonell wirksam (Endocrine Disrupting Chemicals, EDCs) sein, sie beeinflussen den Fettstoffwechsel, können zu Fettleibigkeit und Schilddrüsenerkrankungen beitragen und haben Auswirkungen auf die Fortpflanzungsmöglichkeiten von Erwachsenen.  

Um die Natur sowie die Gesundheit von Menschen und Tieren vor den negativen Wirkungen dieser Chemikalien zu schützen, und zu vermeiden, dass eine PFAS-Chemikalie durch eine andere ersetzt wird, muss die ganze Stoffgruppe verboten werden. Uns von WECF ist dabei besonders wichtig, auf die unterschiedlichen gesundheitlichen Auswirkungen von PFAS, je nach Gender und Lebensalter der Betroffenen, aufmerksam zu machen. Es ist zwingend notwendig eine genderdifferenzierte Perspektive in das Thema und die Diskussion einzubringen.  

 PFAS werden weltweit eingesetzt, sind zum Teil mobil und können somit überall auf der Welt in allen Umweltkompartimenten nachgewiesen werden. So besteht ein klarer Regulierungsbedarf nicht nur in der EU, sondern global. Dafür setzten wir uns beispielsweise im Rahmen unserer Arbeit zu SAICM Beyond 2020 und zur Stockholm Konvention ein.  

Was steckt im Beschränkungsvorschlag der ECHA? – Eine erste Analyse des ECHA Vorschlags 

Der Beschränkungsvorschlag ist sehr breit gefasst und bezieht sich auf Polymere und F-Gase. Dabei bezieht sich die EU auf die Definition von PFAS (Per- oder Polyfluoralkylsubstanz) nach der OECD (Organization for Economic Co-operation and Development), zu der auch Fluorpolymere wie Polytetrafluorethylen (PTFE) gehören. Nach dieser Definition ist davon auszugehen, dass mindestens 10.000 Stoffe in die Beschränkung eingeschlossen sind. Der Anwendungsbereich der Beschränkung bezieht sich sowohl auf Stoffe und Gemische als auch auf Produkte. Um die Einhaltung der Vorschriften tatsächlich sicherzustellen und zu wissen, was in den Produkten steckt, müssten nachgelagerte Unternehmen Informationen in ausreichender Menge und Qualität von ihren Lieferant*innen erhalten. 

Die nächsten Schritte 

Im März 2023 werden die wissenschaftlichen Ausschüsse der ECHA für Risikobewertung (RAC) und für sozioökonomische Analyse (SEAC) prüfen, ob der Vorschlag den rechtlichen Anforderungen von REACH entspricht, und mit ihrer Bewertung fortfahren. Dieser Prozess kann mehr als ein Jahr dauern, bevor er an die Europäische Kommission zur endgültigen Einigung mit den Mitgliedstaaten weitergeleitet wird. Am 22. März beginnt ebenfalls eine sechsmonatige öffentliche Konsultation. 

Informationen auf English dazu sind bei unserer Partnerorganisation HEAL zu finden. 

 

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