Endstation Kinder und Jugendliche: Weichmacher aus Plastik in Kinderkörpern

WECF fordert mehr Schutz vor gefährlichen Chemikalien

In den meisten Körpern von Kindern und Jugendlichen befinden sich Rückstände von Plastik. Diese alarmierende Erkenntnis hat eine noch unveröffentlichte Studie vom Umweltbundesamts (UBA) und des Robert Koch-Instituts hervorgebracht.

In fast allen Urinproben der 2.500 beteiligten Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren wurden Rückstände von Plastikinhaltstoffen gefunden, insbesondere von Weichmachern.

Johanna Hausmann, Chemikalienexpertin von WECF sagt:

„Die Ergebnisse der Untersuchung sind äußerst besorgniserregend. Gesundheitlich bedenkliche Stoffe müssen in Alltagsprodukten, inklusive Plastikprodukten, verboten werden, ebenso in Recycelprodukten, die in der Kreislaufwirtschaft eine zunehmende Rolle spielen. Weichmacher, also auch perflourierte Stoffe, sind Stoffe, die hormonell wirksam sind, so genannte EDCs, Endocrine Disrupting Chemicals. Sie können schon in kleinsten Mengen das Hormonsystem stören. Sichere Grenzwerte gibt es nicht. Dabei sind Kinder und Schwangere besonders gefährdet. Wir brauchen eine strenge Regulierung dieser Stoffe auf EU Ebene und ein Deutschland endlich einen Aktionsplan zum Schutz vor EDCs, wie es ihn zum Beispiel in Frankreich längst gibt.“

Nach Aussagen der zuständigen Abteilung des Umweltbundesamtes zeigten die Urinproben Rückstände von elf der 15 getesteten Chemikalien, die höchsten Werte bei den jüngsten Kindern. Neben Weichmachern fanden die Wissenschaftler*innen auch hohe Werte von PFOA (Perfluoroctansäure). Bei 20 Prozent der untersuchten Personen lagen diese über den Grenzwerten, bei den jüngeren Kindern lag die Quote noch darüber. PFOA befindet sich zum Beispiel in Outdoorbekleidung oder in Beschichtungen von Pfannen. Ab 2020 ist der Stoff weltweit verboten, Ausnahmen in der Anwendung sind bis 2025 allerdings erlaubt.

PFOA gelten als lebertoxisch und sind, wie auch Weichmacher, hormonell wirksam. Hormonell wirksame Stoffe, so genannte EDCs, werden mit der Zunahme von Brust- und Prostatakrebs, Fortpflanzungsstörungen, verminderter Spermienzahlen, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Fettleibigkeit, Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und einigem mehr in Zusammenhang gebracht. Besonders sensibel für diese Stoffe sind Schwangere und Kinder.

WECF, Women Engage for a Common Future, setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Gesundheit belastende Stoffe verboten und durch sichere Alternativen ersetzt werden. Der Schutz der Gesundheit muss über wirtschaftlichen Interessen stehen. Das gebietet das Vorsorgeprinzip.

 

Ergänzende Informationen

Unter dem Dach der Vereinten Nationen hat die internationale Staatengemeinschaft 2006 den Strategischen Ansatz für ein Internationales Chemikalienmanagement (englisch ‘Strategic approach international chemicals management’, SAICM) beschlossen. Ziel war es, bis 2020 die negativen Wirkungen von Chemikalien auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu reduzieren. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Derzeit wird über einen Folgeprozess unter dem Vorsitz von Deutschland SAICM beraten.

Anfang Oktober treffen sich Vertreter*innen der Regierungen, Industrie, NGOs und anderer Stakeholder in Bangkok, um darüber zu verhandeln, wie es mit dem internationalen Chemikalienmanagement nach 2020 weiter gehen soll.

Dass der Bedarf für einen Nachfolgeprozess von SAICM groß ist, darüber besteht kein Zweifel. Jährlich werden weltweit 1,6 Millionen Todesfällen (WHO) mit der Exposition gegenüber gefährlichen Chemikalien in Zusammenhang gebracht. Die Zunahme des Artensterbens, zu dem auch die Belastung durch Umweltchemikalien beiträgt, ist besorgniserregend.

 

Kontakt

Johanna Hausmann | WECF | Chemikalien und Gesundheit |

johanna.hausmann@wecf.org | 0173 8010040

 

Weitere Informationen