Am 26. September ist Bundestagswahl. Die Entscheidung, hinter welcher Partei du dein Kreuzchen machst, rückt immer näher. Doch welche Partei hat deine Stimme am meisten verdient?

Die kommende Bundestagswahl ist entscheidend für das Fortbestehen unserer demokratischen Gesellschaft und unseres Planeten, wie wir ihn kennen. Wir haben uns die Frage gestellt, welche Parteien mutig genug sind, radikale Maßnahmen gegen Rassismus, Sexismus, Ausbeutung, die Verbreitung toxischer Stoffe, Umweltzerstörung und die globale Erwärmung einzuleiten.

Dafür haben wir die Programme von elf Parteien, die zur Bundestagswahl antreten, auf ihre Vorhaben hinsichtlich der Bekämpfung der Klimakrise durchkämmt. Uns ist bewusst: Damit sich das Klima ändert, muss sich auch einiges andere ändern. Daher sind unsere Score-Kriterien nicht nur auf Klima- und Umweltschutz, sondern auch auf Soziale Gerechtigkeit und ein umfassendes Neudenken unserer politischen Werte und unseres Wirtschaftssystems ausgerichtet. “#Klimawahl” ist gut und schön. Aber wir finden, das reicht nicht. Wir geben uns mit nicht weniger zufrieden als einer #Klimagerechtigkeitswahl!

Ecofeminist Scorecard

Wie ist das Klima in den Parteiprogrammen? Wie intersektional und geschlechtergerecht sind sie wirklich? Die Scorecard zeigt Themen, die uns wichtig sind aber natürlich gibt es noch viel mehr. Unsere Ecofeminist Scorecard ist eine Wahlhelferin für geschlechtergerechte Politik und deine persönliche #Klimagerechtigkeitswahl.

zur Auswertung

About

Unser Scoring

Starkes Commitment

Ein grüner Score zeigt an, dass die Partei eine starke Analyse der sozialen Auswirkungen des jeweiligen Themas aufgestellt hat und politische Maßnahmen erwähnt, um ihre Inhalte in die Tat umzusetzen. Wenn die Partei das alles einhält, können wir zufrieden sein.

Schwaches Commitment

Der gelbe Score zeigt an, dass die Partei zwar mutige Forderungen zu unserem jeweiligen Thema hat, aber eine Analyse der sozialen Auswirkungen entweder fehlt oder sehr schwach ist oder keine konkreten Maßnahmen zur Umsetzung der Inhalte genannt werden.

Kein Commitment

Das rote Scoring zeigt an, dass die Partei das Thema entweder überhaupt nicht in ihrem Wahlprogramm erwähnt, oder bei ihrer Ausführung sehr vage bleibt. Rot kann auch bedeuten, dass die Partei sich aktiv gegen Maßnahmen zu diesem Thema ausspricht oder in ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema auffallend stark (bewusst oder unbewusst) Rassismen oder Sexismen reproduziert.

KLIMA

Klimaschutz ist gut und wichtig. Aber langfristig wirksam ist er erst, wenn soziale Faktoren wie Sexismus und Rassismus mitgedacht werden.

ENERGIE

Die Energiebranche ist enorm männerdominiert. Das muss sich ändern, wenn wir eine wirksame Energiewende wollen.

CHEMS

Unser Alltag besteht aus einem riesigen Cocktail verschiedenster Chemikalien, die schädlich für die Umwelt und unsere Gesundheit sind. Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, sich für ein sicheres internationales Chemikalienmanagement einzusetzen.

UMWELT

Wasserschutz und Biodiversität erfordert eine neue Form von Landwirtschaft und gerechter Ressourcenverteilung.

MENS

Die Hälfte der Menschheit menstruiert und dennoch ist Menstruation ein großes Tabuthema. Wir fordern Maßnahmen für mehr Menstruationsgerechtigkeit.

SYSTEM CHANGE

Alles auf neu: Sowohl wirtschaftliches Wachstum als auch politische Partizipation wollen wir intersektional denken.

Macht euch selbst ein Bild!

Hier findet ihr die Programme der Parteien, die wir für euch gescored haben. Wir haben Parteien berücksichtigt, die mehr als 1000 Mitglieder haben und die wir ganz persönlich spannend fanden. Rechte Parteien haben keinen Platz auf unserer Scorecard.

#ReclaimÖkofeminismus

Wieso eigentlich ausgerechnet Ökofeminismus? Emanzen. Ökos. Feministen (wohlgemerkt im Maskulinum). Alles Begriffe, die im deutschen Sprachgebrauch gerne abfällig benutzt werden. Als wären es Schimpfwörter. Und jetzt kommen wir mit so etwas: Ökofeminismus. Geht’s noch?

Es geht. Es ist wie mit der Jutetasche. In der Jugend war sie ein grauenvoll peinliches Objekt, mit dem dich deine Mama zwang, zum Bäcker zu gehen – „Was hast du denn, die ist doch praktisch!?“. Heute ist sie nicht praktisch sondern hipster.

Seit den 70er Jahren hat sich viel getan und verschiedene Vorreiter*innen, wie Vandana Shiva und Maria Mies, haben den Begriff „Ökofeminismus“ reanimiert und der Zeit angepasst. Esoteriker*innen und Fundamentalist*innen haben ihn lange für ihre antifeministische Vorstellung von der Frau als naturverbundenes Wesen missbraucht. Doch er war schon immer mehr. Er ist intersektional.

Im Rahmen unserer Infokampagne #ReclaimÖkofeminismus haben wir verschiedene Tools gebastelt, gesammelt und erstellt, um euch das Konzept des intersektionalen Ökofeminismus zu vermitteln. Schaut doch mal vorbei!



Auswertung

SPD

KLIMAGERECHTIGKEIT Schwaches Commitment

Die Vorhaben der SPD zur Bekämpfung der Klimakrise richten sich nach dem Pariser Klimaabkommen, das vorsieht, die globale Erderwärmung auf max. 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Zudem soll Deutschland bis 2045 komplett klimaneutral sein und das Minderungsziel für Treibhausgase bis 2030 angehoben werden. Jedoch geht das Wahlprogramm der SPD nicht auf die intersektionale Benachteiligungen ein, die aus den Folgen der Klimakrise für diverse marginalisierte Gruppen entstehen. Begrüßenswert ist, dass die Existenz einer historischen Schuld im Hinblick auf die koloniale Vergangenheit Deutschlands bejaht und die damit verbundene Verantwortung anerkannt wird. Was wir jedoch vermissen ist ein Bezug zur internationalen Umwelt- und Klimapolitik. Länder des Globalen Südens sollen zwar ausdrücklich in ihrer nachhaltigen Entwicklung unterstützt werden – wie das passieren soll und ob neokoloniale Aspekte darin berücksichtigt werden, wird jedoch nicht näher ausgeführt.

GENDERGERECHTE ENERGIEWENDE Kein Commitment

Der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien soll so rasch wie möglich vollzogen werden. Als erste Schritte werden der Ausbau nötiger Stromleitungen, die Installation von Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden und integrierte Photovoltaik in Gebäudehüllen und auf landwirtschaftlichen Flächen genannt. Die SPD befürwortet den Kohleausstieg, setzt sich jedoch nicht für einen vorzeitigen Austritt ein, wodurch die Kohleförderungen weiterhin bis 2038 laufen wird. Weiter negativ zu bewerten ist der hohe Stellenwert, den die Autoindustrie auch künftig für Deutschland haben soll. Anstatt eine Verringerung und Regulierung des motorisierten Individualverkehrs anzustreben, soll lediglich eine Umstellung auf Elektroautos erfolgen und die Autoindustrie als Leitindustrie beibehalten werden. Soziale Aspekte werden in der Energiewende kaum beachtet. Es sollen zwar Strukturhilfen für die vom Bergbau abhängigen Regionen geleistet werden aber genauer konkretisiert wird das nicht und auf andere sozialen Ungerechtigkeiten wird nicht eingegangen. Die Führungsebenen von Unternehmen sollen gleichermaßen von Männern* und Frauen* besetzt sein, aber ein expliziter Apell an die Energiebranche bleibt aus. Auch von dezentralen Energielösungen konnten wir im Parteiprogramm der SPD nichts finden.

SICHERE CHEMIKALIEN Schwaches Commitment

Schädliche Chemikalien und ihre Auswirkung auf unsere Gesundheit und die Umwelt sind bei der SPD leider kein Thema. Was wir jedoch sehr begrüßen: Die SPD erkennt die unterschiedliche Betroffenheit der Geschlechter hinsichtlich Gesundheitsfragen an und verspricht, dass die Gesundheitsforschung, Ausbildung und Versorgungspraxis sich nicht mehr überwiegend an Daten von weißen, cis männlichen, erwachsenen Probanden orientieren soll. Dafür bekommt die SPD von uns Gelb, auch wenn jeder Bezug zu schädlichen Chemikalien und ihre besondere Auswirkungen auf biologisch weiblich definierten Körper bzw. Schwangere fehlt. Positiv sehen wir auch das Ziel der SPD einer Kreislaufwirtschaft, in der Hersteller*innen von Kunststoffprodukten in die Pflicht genommen werden sollen und möglichst viel Kunststoff wiederverwendet und/oder recycelt werden soll. Davon abgesehen sieht es bei der Regulierung von schädlichen Chemikalien – auch auf internationaler Ebene – bei der SPD enttäuschend leer aus.

MENSTRUATION MATTERS Kein Commitment

In dem Wahlprogramm der SPD ist das einzige Rote die Schrift. Ebenso wenig wie Gendergerechtigkeit in Bezug auf Klima- und Ressourcenfragen, wird Menstruation und die damit verbundenen Gerechtigkeitsfragen bei der SPD thematisiert.

WASSER UND BIODIVERSITÄT Kein Commitment

Die Überlegungen der SPD hinsichtlich Biodiversität und Wasserschutz erscheint uns sehr oberflächlich. Zwar wird Wäldern und Mooren eine besondere Rolle im Umweltschutz zugesprochen – Wälder sollen an die Bedingungen der Klimakrise angepasst und Moore im großen Stil wiedervernässt werden – doch abgesehen davon bleibt es an konkreten Umweltschutzmaßnahmen sehr leise. Von Zugang zu sauberem Wasser oder einer radikalen, umweltverträglichen Umstellung unser Landnutzung wird nicht gesprochen. Vielmehr ist von einer umweltschonenden Landwirtschaft die Rede, welche im internationalen Wettbewerb mithalten kann. Wie genau diese aussehen soll, lässt das Wahlprogramm leider offen.

Uns fehlt zudem die Anerkennung der Verantwortung gegenüber internationaler Entwicklungszusammenarbeit in Bereich Wasser, Sanitär und Hygiene (WASH). Zwar wird das Engagement im Bereich internationaler humanitärer Hilfe betont, jedoch wird konkret die Notwendigkeit von Zugang zu Wasser, Sanitär und Hygiene nicht einmal erwähnt.

SYSTEM CHANGE Schwaches Commitment

Für die SPD hat die Wahrung der Demokratie einen hohen Stellenwert. Inklusion von marginalisierten Gruppen, Chancengleichheit für alle und die Aufweichung von patriarchalen Strukturen – diese Grundsätze schreibt sich die SPD auf die Fahne. Um diese Ziele umsetzen zu können, soll das bundesweite Gleichbehandlungsgesetz gestärkt und die Antidiskriminierungsstelle weiter ausgebaut werden. Um Rassismus zu bekämpfen, verspricht die SPD zudem eine kritische Auseinandersetzung mit unserer kolonialen Vergangenheit und die von Deutschen verübten Kolonialverbrechen und die Förderung postkolonialer Erinnerungskultur.

Wir begrüßen die offene Ablehnung der SPD gegenüber den Paragraphen 219a und 218ff., und somit die Entstigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Auch freuen wir uns über die rechtliche Absicherung von „vielfältigen Familienmodellen“ jenseits von konventionellen Ehekonzepten, über die Aufwertung von Care-Arbeit und die gezielte Forschungsförderung von Verhütungsmethoden für Männer*. Auch feiern wir das ambitionierte Ziel einer Gleichstellung der Geschlechter bis 2030 zu erreichen – auch wenn uns nicht ganz klar ist, woran die SPD das festmachen möchte.

Für ein grünes Scoring reicht es trotzdem nicht, denn kritisch wird es bei Fragen rund um nachhaltiges Wirtschaften. Formulierungen wie „klimaneutrales Wachstum“ zeigen, dass die SPD den Wachstumsgedanken als Wirtschaftsgrundlage nicht in Frage stellt – und die Frage wie beides zusammen funktionieren soll, bleibt offen. Ein Schwerpunkt der SPD liegt im Erhalt von Arbeitsplätzen und Stärkung des Handwerks. Dies könnte eine Umgestaltung hin zu einer umwelt- und klimagerechten Arbeitswelt bedeuten, doch dies wird so nicht gesagt. Darum müssen wir davon ausgehen, dass weitestgehend an dem bisherigen Wirtschaftssystem und herkömmlichen Arbeitsmodellen festgehalten werden soll.

Bündnis 90 die Grünen

KLIMAGERECHTIGKEIT Starkes Commitment

Wir starten grün mit der Zusage zum Pariser Klimaabkommen. In 20 Jahren soll Deutschland komplett klimaneutral sein. Dafür sollen die Ziele und Maßnahmen zum Klimaschutz in den Mittelpunkt aller Handlungen gerückt werden. Auch wird anerkannt, dass Deutschland durch langjährige Emissionen eine internationale Verantwortung trägt. Auch die Verantwortung gegenwärtige und künftige Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zu entkolonialisieren wird erwähnt. Ein Manko ist allerdings, dass die verschiedene Betroffenheit aufgrund von Gender nicht erwähnt wird.

GENDERGERECHTE ENERGIEWENDE Starkes Commitment

Einer sicheren und nachhaltigen Energiewende steht mit den Grünen nichts im Wege. Atomausstieg soll ins Grundgesetz, Kohleausstieg bis 2030 umgesetzt werden, das Fördern von Öl und Gas sofort gestoppt und 2% der deutschen Fläche für Erneuerbare genutzt werden. Es sollen auch neue Jobs im Grünen Sektor geschaffen und ein Energiegeld als sozialer Ausgleich eingeführt werden. Des Weiteren sollen neue dezentrale Energielösungen gefunden werden, um Bürger*innen direkt an der Energiewende zu beteiligen. Sogar von Geschlechtergerechtigkeit in Mobilitätskonzepten und einer geschlechtersensiblen Lehre zur Förderung von Frauen* in MINT Berufen ist die Rede.

SICHERE CHEMIKALIEN Starkes Commitment

Die Grünen fordern unter anderem – wie wir finden zurecht – eine bessere Kennzeichnung von Giftstoffen auf Produkten, eine Reduktion von Pestiziden, besonders schädliche Umweltgifte wie Glyphosat zu verbieten, Mikroplastik zu reduzieren oder Grenzwerte für den Ausstoß an Schadstoffen zu verschärfen, bzw. festzulegen. Vor allem Hersteller*innen sollen mehr Verantwortung für ihre Produkte übernehmen. Um Pestizide weiter reduzieren zu können, soll vermehrt zu ökologischem Pflanzenschutz geforscht werden. Ebenso wird kritisiert, wie die europäische Agrarwirtschaft Kleinbäuer*innen des globalen Südens in die Abhängigkeit von Großkonzernen treibt. Die Grünen sind der Meinung, dass Deutschland als großer Chemieexporteur auch hier eine besondere internationale Verantwortung innehat: Mindestens die Substanzen, die in Deutschland verboten sind, sollen nicht weiter exportiert werden. Auch um das vorgenommene Ziel der Kreislaufwirtschaft zu erreichen, muss Müll reduziert werden und der Export von nicht hochwertig recycelbarem Plastikmüll verboten werden. Internationale Prozesse zum Chemikalienmanagement wie SAICM werden allerdings nicht thematisiert.

MENSTRUATION MATTERS Kein Commitment

Beim Thema Menstruation wird es im Grünen Wahlprogramm leider ganz leise und so bleibt uns nichts anderes übrig, als die rote Karte zu zücken.

WASSER UND BIODIVERSITÄT  Schwaches Commitment

Die Grünen sehen, dass Wasser vor Verschmutzung geschützt werden muss, vor allem vor Substanzen wie Düngemitteln, Pestizide oder Rückstände aus Waschmitteln und Medikamenten. Die Trinkwasserversorgung muss sichergestellt werden und hat Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen und spekulativen Geschäften. Die Grünen wollen die EU-Wasserrechte konsequenter durchsetzen. Im Bereich Biodiversität wird sowohl international als auch national und regional gedacht. Sie wollen sich an UN-Abkommen und EU-Biodiversitätsstrategien orientieren, um bspw. den Erhalt von Buchenwälder und Wattenmeere zu garantieren.

WASH und der sichere Zugang zu sanitären Einrichtungen wird aber weder im nationalen noch im internationalen Kontext erwähnt.

SYSTEM CHANGE Starkes Commitment

Beim Thema Systemwandel können uns die Grünen überzeugen. Gegen strukturellen und institutionellen Rassismus muss laut Parteiprogramm konsequent vorgegangen werden, auch durch eine Verankerung in der Verfassung. Es werden konkrete Ansätze erwähnt, um gegen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Antiziganismus vorzugehen. Koloniales Unrecht soll anerkannt und aufgearbeitet werden. Des Weiteren setzt sich die Partei auch für mehr Partizipation der Bürger*innen bei politischen Entscheidungsprozessen ein, möchte das Parlament diverser gestalten, die Zivilgesellschaft fördern und finanziell absichern und das Wahlrecht auf 16 abstufen. Geschlechtergerechtigkeit soll intersektional verankert, nationale wie internationale Politik feministisch gestaltet und Queerpolitik in den Fokus gerückt werden.

Zuletzt fordern die Grünen eine generelle Neuausrichtung aller Wirtschafts- und Finanzsysteme auf Klimaneutralität und Wohlstand in Form von Lebensqualität statt kapitalem Wachstum. Es soll mehr Transparenz bei Produkten, faire Lieferketten und mehr Verantwortung europäischer Unternehmen und ein Entgegenwirken postkolonialer Strukturen in heutigen Wirtschaftsweisen geben.

ÖDP

KLIMAGERECHTIGKEIT Schwaches Commitment

Die ÖDP bekennt sich zum Pariser Klimaabkommen, steht für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels und möchte Klimaneutralität bis 2030 erreichen. An konkreten Ausarbeitungen zum Erreichen dieser Ziele fehlt es in den 44 Seiten Wahlprogramm allerdings noch. Auch wird anerkannt, dass Deutschland eine bestimmte Verantwortung als Mitverursacher der Klimakrise zu erfüllen hat. Leider bleibt die unterschiedliche Betroffenheit von den Folgen der Klimakrise auf Grund von Gender unerwähnt. Auch beim Thema neokoloniale Strukturen in der Umwelt- und Klimapolitik bleiben Antworten aus.

GENDERGERECHTE ENERGIEWENDE Schwaches Commitment

Von Gendergerechtigkeit bei den Energiezielen der ÖDP ist leider keine Rede. Sie fordern den Atomausstieg, Kohlestopp vor 2030, 100% erneuerbare Energien bis 2030 und auch eine umfassende Mobilitätswende. Allerdings wäre vor allem zu der Energiegenerierung eine ausführlichere Erklärung was die Umsetzung der Ziele angeht hilfreich. Für den sozialen Ausgleich sollen ein Ökobonus und eine Klimadividende sorgen. Bürger*innen soll es möglich sein ihre eigene Energie zu produzieren und zu nutzen. Konkretere Maßnahmen oder Vorschläge zur Umsetzung dezentraler Energielösungen konnten wir aber nicht finden.

SICHERE CHEMIKALIEN Schwaches Commitment

Von sicherem Chemikalienmanagement ist nicht explizit die Rede, da das Wort Chemikalien nicht im Wahlprogramm der ÖDP auftaucht. Was sie aber fordern ist eine Steuer auf Biozide, ein Verbot einer bestimmten Gruppierung von Pestiziden und die Kennzeichnung von Pestiziden in Fleisch. Strengere Maßnahmen für die Industrie, Maßnahmen zum Verbraucher*innenschutz und die Zusage zu Chemikalien-Forschung vermissen wir. Immerhin soll es ein Exportstop für in der EU verbotene Pestizide geben und eine Kreislaufwirtschaft ermöglicht werden. Für letzteres sollen schlecht recycelbare Verbundstoffe durch andere Materialien ersetzt werden.

MENSTRUATION MATTERS Kein Commitment

Die ÖDP spricht nirgendwo von Menstruation, der Sicherheit und Gesundheit menstruierender Menschen und der Tabuisierung des Themas. Dafür scoren wir sie in diesem Punkt mit einem eindeutigen tiefroten “Enttäuschend“.

WASSER UND BIODIVERSITÄT Schwaches Commitment

Die ÖDP fordert, dass Wasser ein Allgemeingut sein und bleiben soll. Außerdem soll Grundwasser durch Vermeidung von Versiegelung, regulierter Wasserentnahme und Schutz von Wasserschutzgebieten gefördert und geschützt werden. Eine internationale Perspektive fehlt allerdings und auch ein Eintreten für WASH, bzw. der Zugang zu sauberen Sanitären Anlagen, ist nicht vorhanden. Was uns überraschte: Auch das Wort Biodiversität findet keine Erwähnung. Einzig das Beachten von Artenschutz beim Ausbau erneuerbarer Energien und die bundesweite Übertragung der gesetzlichen Regelungen aus dem bayrischen Volksbegehren „Rettet die Bienen“ werden verlangt.

SYSTEM CHANGE Schwaches Commitment

Auf der Agenda der ÖDP steht die Forderung nach direkterer Demokratie, mehr Politik für das Volk und Teilhabe der Bürger*innen durch Volksentscheide und Volksbegehren. Sie wollen die gesellschaftliche Gleichheit von Mann* und Frau*, fordern sozialen Ausgleich und gleichen Lohn für Care-Arbeit. Insbesondere letzteres ist uns sehr positiv aufgefallen. Außerdem soll ressourcenschonender, wie auch regionaler gewirtschaftet werden. Wirtschaftswachstum soll nicht mehr das Ziel sein, sondern Kreislaufwirtschaft, Mehrweg- und Gemeinschaftsnutzung die Norm werden. Was uns für einen Systemwandel wichtig ist, aber bei der ÖDP keinen Platz gefunden hat, ist die Arbeit gegen Diskriminierung: gegen Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Antiziganismus, Sexismus gegenüber sämtlichen Geschlechtsidentitäten und Homophobie.

Freie Wähler

KLIMAGERECHTIGKEIT Schwaches Commitment

Die Freien Wähler bekennen sich zum Pariser Klimaabkommen und stehen hinter dem Ziel, Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Obwohl das Wahlprogramm Klimagerechtigkeit und die damit verbundenen Fragen thematisiert, wird die historische Schuld kolonialer Politik und damit einhergehende Verantwortung auf internationaler Ebene nicht erwähnt und somit verkannt. Zudem fehlt die Anerkennung der besonderen Betroffenheit von der Klimakrise aufgrund von Gender und somit auch einhergehende Maßnahmen.

GENDERGERECHTE ENERGIEWENDE Schwaches Commitment

Das Wahlprogramm der Freien Wähler verschafft erste Einblicke in konkrete Vorhaben zur Abschaffung nicht-regenerativer Energieressourcen. Dazu gehört u.a. der dezentrale Ausbau erneuerbarer Energiequellen und eine klare Absage an Atomenergie – auch international. Auf sozialer Ebene steht insbesondere der Aufbau und die Förderung neuer Forschungskapazitäten in ehemaligen Bergbauregionen im Fokus, um das Potential dieser Regionen zu stärken. Obwohl das Wahlprogramm der Freien Wähler in vielen Bereichen unterstützenswerte Vorhaben nennt, fehlen uns (gender)soziale Aspekte über die Bergbauregionen hinaus, wie z.B. die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Energiearmut oder der geringe Frauen*anteil im Energiesektor.

SICHERE CHEMIKALIEN Schwaches Commitment

Positiv ist das Vorhaben, die Menge an Kunststoff und Einwegprodukten zu reduzieren und diese zu recyceln und wiederzuverwenden. Die Herstellung von Kunststoffprodukten, die auch aus umweltfreundlichen Materialen hergestellt werden können, soll verboten werden. Explizit soll das Recycling von Plastikmüll, Elektroschrott und Altautos „im eigenen Land unter Einhaltung aller umwelttechnischen Erkenntnisse vorangetrieben“ und der Export dieser Altlasten verboten werden. Die Freien Wähler setzen sich außerdem für mehr Informationen für Verbraucher*innen ein. Jedoch ist dieser Anspruch sehr allgemein gehalten: Schädliche Chemikalien in Alltagsprodukten und deren Auswirkungen auf unsere Gesundheit und das Ökosystem werden nicht genannt. Staatliche Regulierungen werden abgelehnt und die Industrie somit aus der Verantwortung gezogen. Das sehen wir sehr kritisch.

MENSTRUATION MATTERS Kein Commitment

Leider finden wir im Wahlprogramm der Freien Wähler keine Thematisierung von Menstruation – geschweige denn von Menstruationsarmut oder umweltschonender Menstruationsprodukte.

WASSER UND BIODIVERSITÄT Starkes Commitment

Der Erhalt der Biodiversität und Sicherung der Grundwasservorkommen und sauberem Trinkwasser hat bei den Freien Wählern Priorität. Hier wird sich konkret gegen Fracking als grundwassergefährdendes Verfahren ausgesprochen sowie die Privatisierung von Trinkwasser und die monokulturelle Landwirtschaften kritisiert. Auch die Anerkennung von Verantwortung auf internationaler Ebene für den Schutz der Ozeane und Gewässer wird thematisiert. Ziel ist es, weiterhin lieber Vorsorge als Nachsorge zu betreiben und zunehmend Verursacher*innen von Umweltverschmutzung in die Verantwortung zu ziehen. Besonders positiv ist uns aufgefallen, dass die Entwicklungszusammenarbeit „nicht auf dem Reißbrett der Ministerialbürokratie“ entworfen werden soll, sondern in Zusammenarbeit mit Betroffenen und Nichtregierungsorganisationen vor Ort.

SYSTEM CHANGE Kein Commitment

Ein Kernthema des Wahlprogramms der Freien Wähler bildet die Sicherung der parlamentarischen Demokratie sowie Transparenz und Mitbestimmungsrecht der Bürger*innen Deutschlands. Struktureller und Alltagsrassismus soll bereits im Ansatz bekämpft werden. Ein Blick auf ihre Geflüchtetenpolitik entlarvt diesen Anspruch allerdings als unglaubwürdig: Hinsichtlich der angestrebten Maßnahmen zur Rückführung Asylsuchender wird deutlich, dass rasche Abschiebungen weiterhin unterstützt werden und eine langfristige Migration von Verfolgten und Menschen aus Kriegsgebieten unerwünscht ist. Auch das Vorhaben die Bundeswehr und Polizei aufzurüsten und auszubauen verdeutlicht die festgefahrenen patriarchalen Strukturen, in denen die Freien Wähler feststecken.

Auch die Familienpolitik würden wir eher nicht den Freien Wählern überlassen: Kostenfreie Kinderbetreuung wird mit einem erhöhten Armutsrisiko von Frauen* im Alter begründet – wir fragen uns was das eine mit dem anderen zu tun hat und sehen sehr kritisch, dass hier traditionelle Rollenbilder reproduziert werden. Nicht klar wird außerdem, inwiefern die Inklusion von marginalisierten Gruppen und der LGBTQ+ – Community erreicht werden soll.

Wirtschaftlich setzten die Freien Wähler auf Marktwirtschaft, Wettbewerb, Tarifautonomie und das Leistungsprinzip und schaffen es „Emissionsreduktion“ in ein und dem selben Satz mit „wirtschaftliche Wachstumspotentiale“ zu nennen – für uns ein eindeutiges Zeichen, dass die Ursachen der aktuellen globalen Krisen komplett verkannt werden.

Volt

KLIMAGERECHTIGKEIT  Schwaches Commitment

Volt verpflichtet sich zur Einhaltung der gesetzten Ziele im Rahmen des Pariser Klimaabkommens und erkennt an, dass sich viele Wirtschaftszweige in den kommenden Jahren neu positionieren müssen. Auch sollen alle zukünftigen Gesetze der Bundesregierung auf ihre Klimawirkung getestet werden. Des Weiteren sieht Volt die Bundesregierung durch vergangene und momentane CO2-Emissionen in einer besonderen Verantwortung: Sie muss zum einen den eigenen Ausstoß minimieren und zum anderen die Verwundbarsten vor den Folgen der Klimakrise schützen. Schutz soll durch ambitionierte Maßnahmen weltweit generiert werden. Als Beispiel nennen sie Hochwasserschutz für gefährdete Küstengebiete in Europa oder eine Anpassung der Entwicklungszusammenarbeit auf die Folgen der Klimakrise.

Leider wird die unterschiedliche Betroffenheit von den Folgen der planetaren Krise auf Regionen beschränkt und kein Augenmerk auf den Genderaspekt gelegt, was die Voraussetzung für intersektional-feministische Lösungsansätzen wäre. Auch fehlt die Thematisierung von neokolonialen Strukturen in der Umwelt- und Klimapolitik.

GENDERGERECHTE ENERGIEWENDE Schwaches Commitment

Beim Thema Energiewende hat Volt ambitionierte Ziele und formuliert konkrete Ideen was die Umsetzung angeht, wie z.B. Abbau klimaschädlicher Subventionen, Ausstieg aus der Braunkohlenutzung bis 2025, Einsatz von grünem Wasserstoff, Förderung negativer Emissionen und alles auf der Basis der Dezentralität. Was allerdings fehlt sind Aspekte der Gendergerechtigkeit sowie eine Garantie, dass die Energiewende sozial gerecht gestaltet wird.

SICHERE CHEMIKALIEN Kein Commitment

Die Verschmutzung durch Schadstoffe stellt die dritt größte Umweltkrise dar – doch für Volt gibt es bei diesem Thema leider die rote Karte. Trotz seiner Wichtigkeit taucht das Wort Chemikalien leider kein Mal im Wahlprogramm auf. Positiv ist immerhin, dass sich Volt eindeutig für eine Kreislaufwirtschaft ausspricht und auch internationale Verantwortung im Handel anerkennt, das deutsche Lieferkettengesetz für seine Mängel kritisiert und ein europaweites fordert. Auch spricht sich Volt generell für einen stärkeren Bezug der Politik auf die Wissenschaft aus – doch überall fehlt uns der konkreter Bezug zur schädlichen Chemieindustrie.

MENSTRUATION MATTERS Schwaches Commitment

Volt verfolgt das Ziel Menstruationsarmut durch kostenlose Menstruationsprodukte in verschiedenen öffentlichen Einrichtungen entgegenzuwirken. Auch möchte Volt mit Bildungs- und Medienprogrammen zur Enttabuisierung des Themas beitragen.

Was uns allerdings fehlt ist die deutliche Zusage, dass die Industrie für toxische Chemikalien in Menstruationsprodukten zur Verantwortung gezogen wird oder wenigstens die Inhaltsstoffe deklarieren muss. Auch fehlen uns gesetzlichen Rahmenbedingungen, die giftfreie und gesunde Menstruationsprodukte garantieren.

WASSER UND BIODIVERSITÄT Schwaches Commitment

Volt setzt sich stark für eine nachhaltige Wasserwirtschaft ein. Agroforstwirtschaft soll gefördert werden, Nitratverschmutzungen nach dem Verursachendenprinzip betrachtet und Kläranlagen weiter ausgebaut werden. Unternehmen der Daseinsvorsorge sollen bei der Rekommunalisierung unterstützt werden, was einen Zugang zu Wasser erleichtern könnte. Sehr grün sieht es auch beim Thema Biodiversität aus. Volt möchte zum Erhalt der biologischen Vielfalt beitragen, bspw. durch Monitoring, Umgestaltung landwirtschaftlicher Flächen oder Schaffung neuer Ökosysteme. Leider fehlt uns in diesem Wahlprogramm ein Eintreten für WASH – bzw. die Sicherstellung von Sanitären Einrichtungen für alle Menschen – sowohl auf der deutschen wie auch auf der internationalen Ebene.

SYSTEM CHANGE Schwaches Commitment

Für ein grün im Bereich System Change reicht es nicht ganz, aber Ansätze sind vorhanden. So möchte Volt eindeutige Maßnahmen gegen strukturellen und institutionellen Rassismus umsetzen. Sie fordert Wahlen ab 16, stärkere politische Teilhabe von Menschen mit Behinderung und eine stärkere Vernetzung von Bürger*inneninitiativen. Des Weiteren hat Volt mehrere Seiten ihres Wahlprogramms der Diskriminierung von Frauen* gewidmet, speziell zu den Themen Abtreibung, Gewalt oder Chancengleichheit am Arbeitsplatz. Auch der Diskriminierung von LGBTQIA+* und insbesondere von intergeschlechtlichen Menschen wird sich zugewendet: Namen und Geschlechtseintrag sollen sich viel einfacher ändern lassen können, geschlechtsangleichende medizinischen Verfahren für Betroffene leichter umsetzbar sein und gleichzeitig geschlechtsverändernde Operationen nach der Geburt absolut verboten werden. Auch steht Volt bei der Bepreisung von Produkten für einen Wertewandel: Umweltbilanzen sollen in Kostenkalkulationen miteinbezogen werden und umweltschädliche Produkte teurer gemacht werden. Das heutige lineare Wirtschaften soll einer „echten Kreislaufwirtschaft“ weichen.

Was uns fehlt sind vor allem Ansätze für Ursachenbekämpfung von Sexismus und ein Wertewandel weg von patriarchalen Maßstäben in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

FDP

KLIMAGERECHTIGKEIT Kein Commitment

Die FDP bekennt sich zwar zum Pariser Klimaabkommen und auch zu den 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen aber inwiefern sie zur Umsetzung bzw. Einhaltung beitragen wollen, darauf gehen sie nicht ein. Auch sagt das Parteiprogramm der FDP nichts zu einer historischen und/oder internationalen Verantwortung Deutschlands in der Bekämpfung der Klimakrise. Dass Frauen* stärker von den Folgen der Klimakrise betroffen sind wird ebenfalls nicht erwähnt – logischerweise fehlen daher auch Maßnahmen, um dagegen vorzugehen.

GENDERGERECHTE ENERGIEWENDE Kein Commitment

Die FDP positioniert sich weder zum Atom- noch zum Kohleausstieg, sondern betonen vielmehr, dass die „Versorgung mit Strom, Wärme, Kälte und Kraftstoff“ durch „klima- und energiepolitische Maßnahmen nicht gefährdet“ werden dürfen. Genaue Pläne zum Ausbau erneuerbarer Energien liefern sie nicht, schlagen aber Wasserstoffgewinnung aus Erdgas vor und den Ausbau von Geo-Engineering. Ein Verbot von Verbrennungsmotoren lehnen sie ab. Den Strompreis wollen die Freien Demokraten für Bürger*innen herabsetzen und sich für eine erhöhte Bürger*innenbeteiligung an der Energiewende einsetzen. Klingt erstmal gut, aber wie genau sie sich das vorstellen erklären sie nicht. Grundsätzlich lehnen sie Eingriffe von politischer Seite in die Energiewirtschaft ab und wollen vielmehr die erneuerbaren Energien vollständig in den Wettbewerb überführen. Dazu gehört auch die Abschaffung des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG). Zu sämtlichen Genderaspekten im Energiesektor schweigen sie sich aus.

SICHERE CHEMIKALIEN Schwaches Commitment

Die FDP vertraut grundsätzlich auf die Selbstbestimmung der Bürger*innen und lehnt eine „bevormundende Verbraucherpolitik“ ab. Dies bedeutet, dass sie sich für Informationskampagnen – auch im Gesundheitsbereich – einsetzen. Politische Regulierungen gegen die schädliche Chemikalienindustrie können wir daher aber nicht erwarten. Der Meeresverschmutzung durch Chemikalien wollen sie gemeinsam mit den anderen europäischen Ländern angehen. Eine besondere Verantwortung Deutschlands als Chemiestandort Nr. Eins in Europa wird aber mit keinem Wort erwähnt und auch fehlen uns konkrete Lösungen, die Abhilfe schaffen sollen. Gelb bekommen sie daher vor allem deswegen, weil sie im Gegensatz zu manchen anderen Parteien das Wort „Chemikalien“ wenigstens erwähnen.

MENSTRUATION MATTERS Kein Commitment

Zu nachhaltigen und sozialen Themen Rund um Menstruation hat die FDP nichts zu sagen.

WASSER UND BIODIVERSITÄT Kein Commitment

Die FDP verspricht einen Paradigmenwechsel im Wasserbau und einem nationalen Aktionsplan für Gewässer und Wassermanagement, um auch künftig ausreichend Wasservorräte für die Landwirtschaft zu haben. Im Bereich Biodiversität sehen wir dennoch viel rot. Zwar plädiert die FDP für Aufforstungen und Wiedervernässung von Mooren, bleibt dabei aber sehr unspezifisch. Konventionelle Landwirtschaft schließt sie nicht aus und setzt auf Gentechnik, um Biodiversität zu fördern. Wie das funktionieren soll, darauf geht das Parteiprogramm nicht ein. International will die FDP Deutschland zu einer Vorreiterrolle im Meeresschutz ausbauen und sich für den Schutz der Arktis einsetzen. Insgesamt bewerten wir die Priorisierung von WASH im Parteiprogramm der FDP aber als enttäuschend.

SYSTEM CHANGE Schwaches Commitment

Die FDP spricht sich sehr deutlich gegen Rassismus, Antisemitismus und Homophobie aus und betonen die besondere Betroffenheit von in Deutschland lebenden Jüd*innen. Sie sehen eine historische Verantwortung Deutschlands gegenüber afrikanischen Staaten und versuchen diese unter anderem durch eine besondere Förderung der Wirtschaft auf dem afrikanischen Kontinent gerecht zu werden. Als sinnvolle Alternative zu Quoten sieht die FDP ein ganzheitliches Diversity Management in der Arbeitswelt. Bürger*innen sollen z.B. durch Bürgerräte intensiver an der Gestaltung der Demokratie teilhaben können – jedoch nur in beratender, nicht in entscheidender Funktion. Sie fordern das Wahlrecht ab 16 Jahren, greifen ansonsten jedoch keine intersektionalen Aspekte auf.

In Punkto Geschlechtergerechtigkeit sieht es viel besser aus: Die FDP bekennt sich zu einem „liberalen Feminismus“, der sich gegen Rollenzuschreibungen richtet und die Rechte von nicht-binäre Geschlechtsidentitäten ausdrücklich stärkt. Ein Selbstbestimmungsgesetz soll das Transsexuellengesetz ersetzen, das geschlechtliche Identitäten juristisch schützt, Kostenübernahmen von geschlechtsangleichenden Behandlungen und die Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstand deutlich erleichtert. Der Paragraf 219a soll ersatzlos gestrichen werden. Neben der Ehe soll eine Verantwortungsgemeinschaft gesetzlich verankert, das Adoptionsrecht vereinfacht und die Lebensbedingungen von LGTBQI+ durch viele weitere konkrete Maßnahmen verbessert werden.

Dem wahren Systemwandel steht jedoch die liberale Wirtschaftsweise der Freien Demokraten im Weg, in deren Fokus die Wettbewerbsfähigkeit steht. Aus dem Parteiprogramm der FDP geht nicht glaubwürdig hervor, wie diese effektiv zu mehr sozialer Gerechtigkeit, Klima- und Umweltschutz beitragen kann.

DIE LINKE

KLIMAGERECHTIGKEIT Starkes Commitment

Zur Erreichung von Klimagerechtigkeit gibt die Linke vorbildliche Ziele und konkrete Strategien vor. Bis 2035 soll Klimaneutralität erreicht werden und bis 2030 eine Reduktion von Emissionen um 80% im Vergleich zu 1990. Das Pariser Klimaabkommen bezeichnen sie als Minimalkonsens – es darf also ruhig etwas mehr sein. Sie fordern einen vorzeitigen Kohleausstieg bis spätestens 2030 und die Verankerung konkreter Klimaziele im Klimaschutzgesetz. Die Verantwortung der Industriestaaten als globale Hauptverursacher klimaschädigender Treibhausgase wird anerkannt. Aus diesem Grund sollen Klimapässe für Klimageflüchtete eingeführt und ein Kompensationsfond auf EU-Ebene eingerichtet werden. Auch verschiedene Betroffenheit der Klimakrise aufgrund von Gender wird thematisiert.

GENDERGERECHTE ENERGIEWENDE Starkes Commitment

In Sachen sozial tragfähiger und nachhaltiger Energiewende hat DIE LINKE den Anspruch, Maßnahmen von Bürger*innen mitbestimmten zu lassen. Ziele sind u.a. ein sofortiger Ausstieg aus der Atomkraft, der Kohleausstieg bis 2030 sowie weitestgehend autofreie Innenstädte. Zudem fordern sie die Vergesellschaftung großer Energiekonzerne, um Strom- und Wärmenetze anschließend demokratisch und dezentral leiten zu können. Es werden konkrete Maßnahmen gegen Energiearmut artikuliert und ein geschlechtergerechter Strukturwandel in Tagebauregionen versprochen. Da bekommen wir Herzchen in den Augen.

SICHERE CHEMIKALIEN Schwaches Commitment

Die Stärkung des Verbraucher*innenschutzes sowie die Ausweitung des gesetzlichen Arbeiter*inneschutzes werden im Wahlprogramm der LINKEN konkretisiert. Die Arbeit mit gefährlichen Chemikalien soll stärker durch entsprechende Mindestvoraussetzungen reguliert werden. Außerdem fordern sie mehr gesundheitsspezifische Aufklärung während einer Schwangerschaft. Stark finden wir auch die Anerkennung eines Gender Data Gap innerhalb medizinischer Forschung, der oft zu unzureichender medizinischer Versorgung von Frauen* führt, weil der männlich definierte Körper als Norm angesehen wird.

Zur Verantwortung für ein internationales Chemikalienmanagement wurden wir aber leider nicht fündig.

MENSTRUATION MATTERS Schwaches Commitment

DIE LINKE möchte Menstruationsprodukte an öffentlichen Gesundheitsstellen kostenlos zur Verfügung stellen. Wir werten das als gut gemeinten Schritt in der Bekämpfung von Menstruationsarmut. Das ist uns gelb wert.

WASSER UND BIODIVERSITÄT Starkes Commitment

Für Naturschutz und den Erhalt der Biodiversität hat DIE LINKE ambitionierte Maßnahmen ausformuliert. Die europäische Wasserrahmenrichtlinie soll vorangetrieben und die Rekonstruktion naturnaher Strukturen sowie die Reduzierung von Schafstoffen verbindlich geregelt werden. Die Privatisierung der Wasserversorgung und auch des Zugangs zu See- und Meeresflächen wird abgelehnt. Darüber hinaus fordert DIE LINKE funktionierende und abschließbare Sanitäre Einrichtungen in Geflüchtetenunterkünften, um auch dort das Recht auf Wasser sicher zu stellen. Außerdem soll einkommensschwachen Haushalten Wasser, Gas und Strom nicht mehr abgestellt werden. Positiv ist außerdem das Vorhaben, den Einsatz von Pestiziden drastisch zu reduzieren, agrarökologische Anbaumethoden zu stärken und die bäuerliche Vielfalt zu erhalten. Zwar wird WASH nicht explizit im Rahmen der internationalen Verantwortung erwähnt, jedoch das Recht auf sauberes Trinkwasser explizit als Menschenrecht artikuliert. Wir geben grünes Licht.

SYSTEM CHANGE Starkes Commitment

DIE LINKE setzt sich das Ziel, einen Wandel weg von patriarchalen Geschlechterverhältnissen, strukturellem Rassismus und Streben nach maximalen Profit zu vollziehen. Sie benennt Rassismus von Seiten staatlicher Stellen und fordert offene Grenzen, eine solidarische Willkommenspolitik und damit verbundene Bewegungsfreiheit für Geflüchtete. Zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte werden konkrete Vorschläge gemacht. DIE LINKE formuliert außerdem konkrete Maßnahmen, die sicherstellen sollen, dass marginalisiert Gruppen und Betroffene von struktureller Diskriminierung ein aktives Mitsprache- und Entscheidungsrecht in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft haben. Quoten sollen nicht nur Frauen* sondern auch für andere benachteiligte Gruppen gelten. Ein eigenes Kapitel für Trans* und Inter* formuliert Rechte für nicht-binäre Geschlechtsidentitäten. DIE LINKE spricht von einem „Feminismus der an die Wurzeln geht“ und füllt diese Aussage mit konkreten Vorstellungen von einer geschlechtergerechten Gesellschaft.

Der Profitmechanismus wird bei den LINKEN in Frage gestellt. Politische Entscheidungen sollen sich am Gemeinwohl ausrichten, eine Kreislaufwirtschaft etabliert und das Wirtschaften regionalisiert werden. Energiekonzerne und andere „Unternehmen der Daseinsvorsorge“ sollen vergesellschaftet werden. Eine konkrete Forderung ist außerdem die Verkürzung der Arbeitszeiten und gleichzeitige Personalaufstockung.

CDU / CSU

KLIMAGERECHTIGKEIT Schwaches Commitment

Die Union nennt die Pariser Klimaziele als Grundlage ihrer Klimapolitik. Sie verspricht eine Treibhausgasneutralität Deutschlands bis 2045 und spricht von einer besonderen Verantwortung Deutschlands als Industrieland. Vor allem durch Wissenstransfer und Technologieausbau sollen andere Länder in der Erreichung der globalen Klimaziele erreicht werden. Uns fehlt jedoch ein deutlicher Apell für soziale Gerechtigkeit in der Klimapolitik. Dass Frauen* und marginalisierte Gruppen stärker von den Folgen der Klimakrise betroffen sind, wird nicht erwähnt und somit auch keine Lösungsansätze genannt. Auch dem Abbau neokolonialer Strukturen im Klimaschutz steht die Union mit einigen Aussagen in ihrem Wahlprogramm entgegen.

GENDERGERECHTE ENERGIEWENDE Kein Commitment

Zwar soll Energieeffizienz steuerlich gefördert werden und erneuerbare Energien weiter vorangebracht werden, doch der Kohleausstieg soll wie im Kohlekompromiss vereinbart stattfinden. Das ist uns zu spät. Von Sozialer Unterstützung in der Energiewende wird hauptsächlich im Bezug des Kohleausstiegs gesprochen und der betroffenen Arbeiter*innen und Regionen. Aber den Anspruch einer gendergerechten Energiepolitik oder dezentraler Energielösungen suchen wir vergebens.

SICHERE CHEMIKALIEN Kein Commitment

Das Thema sichere Chemikalien geht bei der Union leer aus. Generell wird das Ziel einer Kreislaufwirtschaft formuliert und der Export zur Abfallentsorgung soll verboten werden. Plastikmüll soll reduziert werden und es soll an Kunststoffalternative wie auch Recyclingmethoden geforscht werden. Doch es ist weder von gesundheitsschädlichen Chemikalien, Schadstoffen oder gar EDCs die Rede und daher auch nicht von mehr Verbraucher*innenschutz in diesem Bereich oder gar Maßnahmen, die Industrie in die Verantwortung zu nehmen.

MENSTRUATION MATTERS Kein Commitment

Frauen* werden im Parteiprogramm von 140 Seiten nur rund 30 mal erwähnt und von anderen Geschlechtsidentitäten ist gar nicht erst die Rede. So ist es keine Überraschung, dass die Union Themen rund um Menstruationsgerechtigkeit nicht in ihr Programm aufgenommen hat.

WASSER UND BIODIVERSITÄT Schwaches Commitment

In punkto Wasserschutzmaßnahmen ist die Union ganz vorne mit dabei: Mit konkreten Maßnahmen möchte sie gegen Grundwasserverunreinigung vorgehen und unser Wasservorkommen besonders schützen. Doch zu WASH (Wasser, Sanitär, Hygiene) wird sowohl auf deutscher, wie auch internationaler Ebene nichts gesagt. Durch Entwicklungszusammenarbeit möchte die Union den Zugang zu Wasser zwar weltweit fördern aber wie möchte sie uns lieber nicht verraten. Im punkto Biodiversität macht uns insbesondere das Verständnis nachhaltiger Landwirtschaft Sorgen. Das formulierte Ziel ist, „Landbau ökologisch verträglich“ zu gestalten, wobei dieses Ziel ausdrücklich an einer ökonomischen Tragfähigkeit geknüpft wird. Die konventionelle Landwirtschaft wird nicht in Frage gestellt. Über Pestizide wird kein Wort verloren.

SYSTEMCHANGE Kein Commitment

Die Union verurteilt Rassismus – aber Ansätze, wie gegen rassistische Strukturen und Institutionen vorzugehen ist, müssen sie wohl vergessen haben sich zu überlegen. Auch nach Geschlechtergerechtigkeit oder formulierte Rechte für LGBTQI* haben wir vergeblich gesucht.
Mit einem Blick auf die Wirtschaft fordern sie eine faire Lieferkette, doch was genau das bedeutet wird nicht gesagt. Auch soll das aktuelle System der sozialen Marktwirtschaft, das auf Wachstum und Profit ausgerichtet ist, weitergeführt werden – zwar mit einer stärkeren sozialen Komponente, aber was das bedeutet wird nicht erwähnt. Vielmehr wird die aktuelle Soziale Marktwirtschaft als „die Ordnung“ gefeiert, „die wie keine andere Ökonomie, Ökologie und Soziales in Einklang bringt“ – was uns angesichts der immensen sozialen Krisen in der Welt die Frage stellen lässt, wann die Autor*innen des Parteiprogramms das letzte Mal einen Blick in aktuelle Zeitungen geworfen haben.

Tierschutzpartei

KLIMAGERECHTIGKEIT Kein Commitment

Laut Tierschutzpartei soll der Klimaschutz einen Artikel im Grundbuch erhalten, der festlegt, dass wir unser zur Verfügung stehendes CO2-Budget, das wir noch emittieren dürfen, um das 1,5°-Ziel zu erreichen, unbedingt einhalten müssen. Für die Klimaziele gibt es konkrete Umsetzungsvorschläge wie bspw. einen CO2 Preis von 180 € pro Tonne CO2, deutlich höher als derzeit. Wer allerdings nach einem Bezug zum Pariser Klimaabkommen sucht oder aber die Anerkennung internationaler Verantwortung durch langjährige Emissionen, dem Entgegenwirken neokolonialer Strukturen in der Umwelt- und Klimapolitik sowie der Anerkennung verschiedener Betroffenheit der Klimakrise aufgrund von Gender, wird in diesem Wahlprogramm nicht fündig. Für Klimaschutz gibt es grün. Aber für sämtliche sozialen Aspekte leider rot.

GENDERGERECHTE ENERGIEWENDE  Kein Commitment

Obwohl die Ziele zur Energiewende alle vorbildlich sind – Atomausstieg sichern, Kohleausstieg bis 2030, 100% erneuerbare Energien und Treibhausgase-Nettonull bis 2035 – so fehlen im Wahlprogramm konkrete Ansätze zur Zielerreichung sowie Vorschläge zu dezentralen und sozial gerechten Lösungen.

SICHERE CHEMIKALIEN  Schwaches Commitment

Positiv ist die Aussprache zur Umsetzung eines Lieferkettengesetzes sowie die Herangehensweise, Industrien in die Verantwortung zu ziehen, um nachhaltige und menschenleid-/tierleidfreie Produkte zu fördern. Auch wenn es nicht konkret um Chemikalien geht, so wird die angebrachte Reduzierung (und das Recycling) von Plastik und Verpackungen auch gefährliche Stoffe reduzieren. Uns fehlen allerdings neben den umweltbezogenen Auswirkungen noch der Bezug zu gesundheitlichen Auswirkungen, die Förderung der Forschung zu schädlichen Chemikalien sowie das Verbot gesundheitsschädlicher Inhaltsstoffe.

MENSTRUATION MATTERS  Kein Commitment

Blutig wird’s hier nicht, aber dafür richtig dunkelrot. Menstruation spielt im Wahlprogramm der Tierschutzpartei keine Rolle.

WASSER UND BIODIVERSITÄT  Kein Commitment

Wenn es um den nachhaltigen Schutz von Biodiversität mit radikale Arten- und Naturschutzmaßnahmen geht, hat die Tierschutzpartei gute Ansätze. Allerdings hört es beim Thema WASH (Wasser, Sanitär, Hygiene) leider wieder auf. Außer der Verschärfung der Gesetze und Verordnungen bezüglich der Einleitung oder Ausbringung von umweltschädlichen Abwässern jeder Art, fehlen Ziele und Ansätze, um den Zugang zu sauberem Wasser sicherzustellen, international Verantwortung im WASH Bereich zu übernehmen und die Priorisierung dieses Sektors voranzutreiben.

SYSTEM CHANGE  Schwaches Commitment

Die Tierschutzpartei möchte demokratische Strukturen stärken und stellt (ökologische) Nachhaltigkeit vor Profit. Sie hat konkrete Maßnahmen gegen Rassismus aufgestellt und möchte eine Gleichstellung von Homosexuellen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen. Dennoch ist sie von einem Wertewandel weg von patriarchalen Maßstäben noch weit entfernt. Und auch wenn wir die Umsetzung eines sozial gerechten und umweltfreundlichen Lieferkettengesetzes mit Verantwortung der Hersteller*innen gutheißen, so fehlen uns konkrete Ansätze für eine neue nachhaltige Wirtschaftsweise.


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