Alle Jahre wieder – Spielzeug mit Schadstoffen unterm Weihnachtsbaum

München, den 14.12.2023

Auch in diesem Jahr zeigen Tests, dass Spielzeug nach wie vor schädliche Chemikalien enthalten kann. Hier ist die Politik gefragt. Eine Kennzeichnungspflicht für Inhaltsstoffe gibt es nicht. Für Eltern ist es schwierig, schadstofffreie Produkte zu erkennen. Die aktualisierten WECF-Ratgeber helfen dabei.

Endspurt beim Geschenkeeinkauf. Spielzeug hat dabei Hochkonjunktur. Häufig verstecken sich darin jedoch bedenkliche Chemikalien, die nicht nur EU-Grenzwerte überschreiten, sondern hochgradig gesundheitsschädlich sind. Dies gilt leider auch für Produkte wie Kleidung und Kosmetik, die ebenfalls unter dem Weihnachtsbaum liegen.

WECF Ratgeber

Unsere Ratgeber entdecken >>

Nur zehn von 15 Holzspielsachen sind empfehlenswert

Die Stiftung Warentest hat in ihrem jüngsten Test[i] Holzspielzeug unter die Lupe genommen. Getestet wurden 15 Produkte für Kinder unter drei Jahre, unter anderem auch auf ihren Schadstoffgehalt. Das Ergebnis: nur zehn der Holzspielsachen sind empfehlenswert. In den übrigen fünf, also in einem Drittel, fanden sich zu viele Schadstoffe. Gefunden wurden hohe, Grenzwerte überschreitende Mengen an krebserregenden Formaldehyd. Gummiräder von Holzfahrzeugen enthielten Diisononylphthalat Weichmacher, die das Hormonsystem stören können. Auch der Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoff (PAK) Naphthalin, der im Verdacht steht, krebserregend zu sein und ebensolche Farbstoffe konnten in einzelnen Spielzeugen nachgewiesen werden.

“Spielzeug sollte Spaß und nicht krank machen”

Bereits im Sommer diesen Jahres hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) darauf hingewiesen, dass immer häufiger Spielwaren auffallen, die mit Weichmachern oder anderen krebserregenden oder hormonschädigenden Stoffen belastet seien. Das verstößt aber gegen geltende EU-Vorschriften und hängt eng mit dem boomenden Online-Handel und fehlenden Kontrollen zusammen. 90 Prozent der vom BUND identifizierten schadstoffhaltigen Spielzeuge stammten aus China. Dazu zählen u.a. Puppen aus Kunstsoff und Slime. Gerade für den Online-Handel sind daher dringend strengere Regulierungen und mehr Überwachung nötig.

„Über die Spielsachen können Schadstoffe in die Körper unserer Kinder gelangen und gesundheitliche Auswirkungen haben. Eine groß angelegte Untersuchung zur Belastung mit Chemikalien ergab, dass in allen europäischen Ländern die Belastung mit Chemikalien wie Weichmachern und Flourchemikalien unter Kindern und Jugendlichen sehr hoch ist, teilweise in einem Maß, in dem gesundheitliche Auswirkungen nicht mehr ausgeschlossen werden können. Hinzukommt, dass die Kinder nicht nur Schadstoffen in Spielzeug, sondern auch aus Alltagsprodukten wie Kunststoffverpackungen, Plastikprodukte, Textilien und Kosmetik ausgesetzt sind. Wir von WECF fordern – wie auch viele Wissenschaftler*innen – dringend strengere Regulierungen für gefährliche und vermutlich gesundheitsgefährdende Chemikalien zu verbieten. Das gilt vor allem für Produkte für Kinder und Schwangere. Spielzeug sollte Spaß und nicht krank machen.“ Johanna Hausmann, WECF

Überarbeitung der Spielzeugrichtlinie könnte Verbesserungen bringen

Im Juli 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine Überarbeitung der europäischen Spielzeugrichtlinie. In dem Vorschlag für eine neue Spielzeugverordnung schlägt die EU-Kommission nun vor, sowohl bekannte als auch im Verdacht stehende hormonschädigende Stoffe (Endokrine Disruptoren (EDCs)) in die Liste der regulierten Substanzen aufzunehmen. Außerdem sollen Grenzwerte für die Freisetzung von bestimmten Chemikalien für alle Spielzeuge für alle Altersgruppen festgelegt werden.

Die verpflichtende Einführung eines digitalen Produktpasses soll über die Konformität des Spielzeugs mit der vorgeschlagenen Verordnung Aufschluss geben. Importeur*innen müssen künftig digitale Produktpässe für alle – auch online vertriebene – Spielzeuge an den EU-Grenzen vorlegen.

Auch Deutschland kann zum besseren Schutz vor Schadstoffen in Spielzeug und anderen Produkten beitragen. Mit der Veröffentlichung des Fünf-Punkte Plans der Bundesregierung zum Schutz vor hormonschädigenden Stoffen im November 2023, ist die Bundesregierung einen wichtigen ersten Schritt gegangen. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an, ob Mensch und Umwelt wirklich besser vor hormonschädigenden Stoffen geschützt werden.

Direkte Hilfe für Verbraucher*innen mit den WECF-Ratgebern

Solange die Politik gefährliche Chemikalien aus Produkten wie Spielzeug nicht verbannt, sollten Verbraucher*innen sich möglichst genau informieren und beim Kauf achtsam sein. Tipps wie Verbraucher*innen die Schadstoffexposition im Alltag verringen können, geben unsere gerade aktualisierten Ratgeber zu verschiedenen Produktgruppen, auch Spielzeug. Zum Download >>

 

 

Hintergrund

Women Engage for a Common Future, WECF, engagiert sich politisch für ein Verbot gesundheits- und umweltgefährdender Stoffe in Produkten und einer Kennzeichnungspflicht für Inhaltsstoffe auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Der neue Fünf-Punkte Plan der Bundesregierung zum Schutz vor hormonell schädigenden Stoffen bietet für uns die Möglichkeit, auch in Deutschland stärke Maßnahmen zum Schutz vor Schadstoffen einzufordern. Im Rahmen der „Global Framework on Chemicals“, dem Nachfolgeprozess des internationales Chemi­kalien­managements SAICM, machen wir uns für einen besseren Schutz vor giftigen Stoffen in Produkten stark – hier und global, entlang des gesamten Lebenszyklus‘ eines Produktes. Der Genderaspekt hat dabei für uns eine besonders wichtige Bedeutung.

Solange allerdings sichere Regulierungen fehlen, informieren wir u.a. über unser Nestbau Programm wie sich Verbraucher*innen besser vor schädlichen Chemikalien schützen kann.

Women Engage for a Common Future (WECF) ist ein ökofeministisches Netzwerk aus mehr als 250 Frauen-, Umwelt- und Gesundheitsorganisationen in 70 Ländern, mit Sitz u.a. in München.

Kontakt

Johanna Hausmann | johanna.hausmann@wecf-consultant.org, 0173 8010040


[i] Stiftung Warentest, test 12/2023