MINT-Fächer und Gendergerechtigkeit zusammendenken
Wie junge Frauen für die Energiebranche mobilisiert werden können
Zagreb, 13. März 2025
Zum Abschluss unseres EU-Projekts Empowering Underrepresented Women in Energy Sector, fand die Konferenz “Tipping the Scale: Increasing Gender Equality in Europe´s Energy Sector” in den Räumlichkeiten der Europäischen Kommission in Zagreb statt. Die Konferenz wurde vordergründig von unserer kroatischen Partnerorganisation für nachhaltige Entwicklung “Društvo za oblikovanje održivog razvoja (DOOR)” organisiert und wurde in Zusammenarbeit mit der Stadt Zagreb und dem Büro der Gleichstellungsbeauftragten durchgeführt. Wir von WECF Deutschland, ebenso wie unsere EUWES-Projektpartner*innen FOCUS (Slowenien) und ESF (Spanien) haben die Konferenz mit inhaltlichen Beiträgen unterstützt.
Starke Impulse für mehr Gleichstellung
Im Mittelpunkt der Konferenz stand die Stärkung von Frauen und FLINTA* im Energiesektor – mit dem Ziel, Unterstützung zu leisten, Fähigkeiten zu entwickeln und die Möglichkeiten für eine gleichberechtigte Teilnahme im Energiesektor zu verbessern. Fachfrauen und Führungspersönlichkeiten kamen zusammen, um ihre Erfahrungen und Best Practices zu teilen, darunter Kiara Groneweg von WECF, Laura Musić, Finanzdirektorin für Südosteuropa bei SIEMENS Energy, Natalia Calavita, Expertin für Bildungsprojekte bei EIT RawMaterials, Ivana Krstanović Vinac, leitende Beraterin beim kroatischen Arbeitsamt, Marija Lugarić, Abgeordnete im kroatischen Parlament und Vorsitzende des Gleichstellungsausschusses, Rada Borić, Parlamentsabgeordnete und Vorsitzende der Gleichstellungskommission der Stadt Zagreb, sowie Katarina Ivanković Knežević, Direktorin für soziale Rechte und Inklusion bei der EU-Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration (EMPL).
Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Begrüßungsreden von Miljenka Kuhar, Geschäftsführerin von DOOR, Višnja Ljubičić, Gleichstellungsbeauftragte Kroatiens, und Carmen Gruber, Leiterin der Abteilung für Kommunikation, Partnerschaften und Netzwerke der Vertretung der Europäischen Kommission in Kroatien.
Sexismus und Geschlechterstereotypen
Die Gleichstellungsbeauftragte Višnja Ljubičić verdeutlichte in ihrem Vortrag, dass trotz gleichstellungs-bezogenen Fortschritten, deutliche genderspezifische Lohn- und Rentenunterschiede (Gender Pay Gap, Gender Pension Gap) in Kroatien bestehen.
Sie wies darauf hin, dass das Interesse von Frauen an MINT-Karrieren zwar wächst, aber stereotype Rollenbilder nach wie vor die die Berufswahl stark beeinflussen. So gibt es in bestimmten Bereichen des Arbeitsmarktes erhebliche geschlechtsspezifische Unterschiede: In der Energieversorgung sind 78 % der Beschäftigten Männer und nur 22 % Frauen; in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei sind 71 % Männer und 29 % Frauen; im Bergbau und der Gewinnung von Rohstoffen sind 87 % Männer und nur 29 % Frauen. Die häufigsten Formen der Geschlechterdiskriminierung im Arbeitsbereich seien die Nichtverlängerung von Arbeitsverträgen aufgrund von Schwangerschaft, Lohn- und Rentengefälle, sexuelle Belästigung, Diskriminierung bei der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, vertikale Segregation und eingeschränkte Aufstiegschancen.
Zum Abschluss ihres Vortrags zeigte sie Beispiele aus den Medien, die Sexismus und Misogynie darstellen. Als Empfehlung betonte sie die Notwendigkeit, Geschlechterstereotypen auf allen Bildungsebenen zu bekämpfen, das Fachwissen von Lehrkräften im Bereich Menschenrechte und Gleichstellung zu stärken sowie Mädchen und junge Frauen und FLINTA* gezielt für MINT-Aktivitäten zu mobilisieren.
Ergebnisse der vergleichenden EUWES-Analyse
Anschließend präsentierte unsere Kollegin Kiara Groneweg die Ergebnisse der vergleichenden Analyse der Geschlechterpolitik und Strategien in Kroatien, Deutschland, Slowenien und Spanien. Die Analyse zeigt, dass die Zahl der Frauen in MINT-Fächern in den letzten Jahren in allen Ländern leicht gestiegen ist, sich Frauen allerdings nach wie vor häufiger für Fächer wie Biologie und Umweltwissenschaften als für energierelevante Fächer wie Ingenieurswesen oder Erneuerbare Energien entscheiden. Zudem unterschätzen hochqualifizierte Frauen im MINT-Bereich oft ihre Fähigkeiten, was u.a. damit zusammenhängt, dass ihre Expertise in einem männlich dominierten Arbeitsumfeld oft infrage gestellt wird. Hervorgehoben wurden in dem Vortrag Best Practices der einzelnen Projektländer; bspw. eine Gender-Mainstreaming-Strategie von Spanien, die auf ein politisches Programm zu Energiearmut angewandt wurde.
Brücken schlagen – Geschlecht, Politik, Bildung und Beschäftigung im Energiesektor
In einer Podiumsdiskussion mit Politikerinnen Marija Lugarić, Rada Borić und Katarina Ivanković Knežević wurde die Rolle der Geschlechterdimension in der Politik erörtert. Dabei wurde betont, dass Frauen in Führungspositionen oft unterrepräsentiert sind und strukturelle Änderungen notwendig sind, um dies zu ändern.
In einer weiteren Diskussion, moderiert von Andrea Vides von ESF, wurde besprochen, wie der Gender Gap im Energiesektor überwunden werden kann. Expertinnen wie Laura Musić (SIEMENS Energy) und Natalia Calavita (EIT RawMaterials) betonten die Notwendigkeit einer besseren Berufsorientierung, um Stereotype zu durchbrechen und Mädchen für technische Berufe zu begeistern.
Die Konferenz bot den Teilnehmenden wertvolle Erkenntnisse, Inspirationen und konkrete Ideen zur weiteren Förderung von Frauen im Energiesektor. Zugleich bildete sie den erfolgreichen Abschluss des EU-Projekts “Empowering Underrepresented Women in the Energy Sector (EUWES)” und unterstreicht, wie wichtig langfristige Zusammenarbeit für eine gerechtere und inklusive Energiezukunft in Europa ist.
Kontakt
Für weitere Anfragen kontaktieren Sie: Anamari Majdandžić; 099 3717 575; anamari.majdandzic@door.hr
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