Alle Jahre wieder – Gefährliche Chemikalien in Spielzeug gefährden unsere Kinder

München / Brüssel 28.11.2019

Kontrollbehörden stehen vor einer Flut von belastetem Spielzeug besonders aus China. Das Europäische Umweltbüro (EEB) legt aktuelle Zahlen vor.

Weihnachtszeit ist Geschenkezeit. Kosmetikprodukte, Kleidung und besonders Spielzeug sind beliebte Gaben. Leider verstecken sich darin oft bedenkliche Chemikalien, die nicht nur EU Grenzwerte überschreiten, sondern hochgradig gesundheitsschädlich sind.

WECF, Women Engage for a Common Future, setzt sich seit Jahrzehnten für giftfreie Produkte, insbesondere Spielzeug, ein. Doch heute wurden vom Europäischen Umweltbüro, bei dem auch WECF Mitglied ist, aktuelle Zahlen zu belastetem Spielzeug zusammengestellt. Diese Zahlen zeigen, dass nach wie vor zahlreiche schädliche Chemikalien in Spielzeug zu finden sind, die die Gesundheit unserer Kinder gefährden.

Belastende Zahlen

Allein 2019 wurden 248 verschiedene Spielzeugmodelle (wahrscheinlich Millionen von Einzelspielzeugen) vom Markt genommen bzw. nicht zugelassen, nachdem Tests nicht zulässige Mengen an giftigen Chemikalien aufgedeckt hatten. 228 (92 Prozent) dieser konfiszierten Spielzeuge wurden als “ernsthaftes Risiko” eingestuft, 219 (88 Prozent) kamen aus China und 127 (51 Prozent) waren mit Phthalaten (Weichmacher), einem Kunststoffzusatz, der hormonell wirksam sein kann, verunreinigt. Eine Halloween-Maske mit einen Phthalat Weichmacher Anteil von 43 Prozent wurde in Deutschland gefunden, ein stark kontaminiertes “Doktor”-Spielzeug aus Plastik in Polen und ein Spielzeugchemie-Set in Frankreich – um nur einige Beispiele zu nennen.

Unter den kontaminierten Spielzeugen war etwa die Hälfte aus Plastik (121), 73 waren Puppen, 62 waren mit Boran verunreinigt, 27 waren weiches oder biegsames Spielzeug. Neben dem Risiko aufgrund der chemischen Belastung wurden Spielzeuge wegen Erstickungsgefahr (192) und “Umwelt” (51) nicht zugelassen oder zurückgerufen. Spielzeug war die am meisten geblockte Produktgruppe (542), gefolgt von Kraftfahrzeugen (462) und Elektrogeräten (162). Die Ergebnisse stammen aus dem EU-Rapex-System, das in ganz Europa auf gefährliche Konsumgüter aufmerksam macht und über Maßnahmen informiert, die zur Vermeidung oder Einschränkung der Verwendung von gefährlichen Produkten getroffen wurden.

Zollbeamt*innen aus vier EU-Grenzländern kontrollierten 2,26 Millionen Plastikspielzeuge aus China. Für 722.598 Spielzeuge wurde die Einfuhr nach Europa verboten, weil die darin enthaltenen Phthalate oberhalb der in der EU erlaubten Grenzwerte lagen. 31.590 Spielzeuge wurden zerstört wie aus einer Darstellung der Zollabteilung des polnischen Finanzministeriums hervorgeht. Von den kontaminierten Spielzeugen trugen 92 Prozent das CE-Sicherheitszeichen des Herstellers. 21 Rapex-Warnungen wurden als Ergebnis erstellt.

Verbraucherorganisationen haben gestern eine Zusammenstellung von Spielzeug veröffentlicht, das von ihren Mitgliedern auf giftige Chemikalien getestet wurde.

Chemikalien in der EU

Eine groß angelegte Untersuchung zur Chemikalienexposition ergab, dass in 13 von 15 europäischen Ländern alle Kinder mit vier Phthalaten belastet waren, im Durchschnitt doppelt so hoch wie die ihrer Mütter. In einigen Fällen war die Kontamination bis zu 12 Mal höher als bei ihren Müttern. Mögliche gesundheitliche Auswirkungen sind Fortpflanzungsstörungen, verzögerte Pubertät und zahlreiche Verhaltensstörungen. Die Europäische Chemikalienagentur ECHA kam zu dem Schluss, dass die Situation nicht angemessen kontrolliert wird.

Die EU-Spielzeugrichtlinie verbietet oder reguliert zwar viele schädliche Chemikalien in Spielzeug, vernachlässigt aber andere. Immer wieder werden eingeschränkte Stoffe in Spielzeug gefunden, auch weil Kunststoffverwerter legal mit Kunststoffen handeln können, die höhere Konzentrationen enthalten als Neuware. Es gibt Hinweise darauf, dass einige Recycling Firmen auch Kunststoffe mit verbotenen Stoffen für die Spielzeugherstellung verkaufen. Einige Hersteller brechen das Gesetz, indem sie Spielzeug mit legalen Substanzen in illegalen Konzentrationen verkaufen. Die Industrie muss für die meisten Chemikalien vor deren Verwendung Sicherheitsdaten liefern, für Kunststoffe gilt diese gesetzliche Verpflichtung nicht. Darüber hinaus sind Hersteller von Spielzeug nicht verpflichtet, Inhaltstoffe zu kennzeichnen.

NGOs fordern bessere EU-Rechtsvorschriften

Das Europäische Umweltbüro, EEB, und andere NGOs, darunter WECF starten heute eine Sensibilisierungskampagne, um auf giftiges Spielzeug und die Notwendigkeit der Kennzeichnung hinzuweisen.


Die Belastung durch Chemikalien ist mit steigenden Gesundheits-, Fruchtbarkeits-, Entwicklungs- und Umweltproblemen verbunden, einschließlich des Rückgangs von Insekten-, Vogel- und Wassersäugetierpopulationen. Zwei Drittel der Europäer machen sich Sorgen um die tägliche Chemikalienbelastung.

Anfang dieses Monats warnten NGOs davor, dass die EU-Rechtsvorschriften zur Chemikaliensicherheit scheitern und verbessert werden sollten.

WECF App „Giftfrei einkaufen“

Unterstützung bei der Suche nach möglichst schadstofffreiem Spielzeug bietet die App „Giftfrei einkaufen“ von WECF.

 

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