SAICM: Wie geht es weiter in Zeiten der Pandemie?

Wie so häufig in diesem Jahr 2020 kam es auch für den Strategic Approach on International Chemicals Management – kurz SAICM – anders als geplant: Ohne die Covid-19 Pandemie hätten sich Anfang Oktober in Bonn Tausend Delegierte zur 5. Internationalen Konferenz zum Chemikalienmanagement (ICCM5) getroffen, um über einen Nachfolgeprozess zum internationalen Chemikalienmanagement, SAICM Beyond 2020, zu entscheiden. Nun wird ICCM5, bei dem Deutschland die Präsidentschaft hat, voraussichtlich im Juli 2021 in Bonn über den Nachfolgeprozess entscheiden.

SAICM, ein wichtiger Baustein der internationalen Chemikalienpolitik, wurde 2006 mit dem Ziel verabschiedet, Mensch und Umwelt nachhaltig vor schädlichen Chemikalien von der Produktion über deren Einsatz bis hin zur Entsorgung zu schützen. Dieses Ziel wurde leider nicht erreicht. Ende 2020 endet das Mandat von SAICM, das als internationaler Multistakeholder-Prozess unter dem Dach des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, UNEP, angesiedelt ist.

Chemikalien – bedrohlich wie der Klimawandel

Der omnipräsente Einsatz von Chemikalien verursacht die Freisetzung von giftigen Stoffen entlang ihres gesamten Lebenszyklus‘. Die krankmachende Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden ist die Folge. Die WHO führt mehr als 1,6 Millionen Todesfälle jährlich auf die Belastung mit Chemikalien zurück. Millionen Menschen weltweit leiden an Krankheiten, die mit Schadstoffen in ihrer Nahrung, Umwelt und Produkten in Zusammenhang stehen. Einkommensschwache Länder haben hier – wie auch beim Klimawandel – weniger Möglichkeiten sich zu schützen.

Da sich der globale Chemikalienumsatz (wie bereits zwischen 2000 und 2017) bis 2030 erneut fast verdoppeln wird, nehmen die Herausforderungen weiter zu und ein sicheres Chemikalienmanagement und der gemäßigte Einsatz von Chemikalien ist dringender denn je. SAICM Beyond 2020 ist ein Instrument dazu.

Covid-19 Fahrplan für die Verhandlungen zu SAICM Beyond 2020

Das für den Verhandlungs- und Vorbereitungsprozess zuständige SAICM-Bureau erarbeitete vergangene Woche die nächsten Schritte hin zu einem SAICM Beyond 2020.

Die Verhandlungen für ein SAICM Beyond 2020 finden u.a. in vier virtuellen Arbeitsgruppen (Virtual Working Groups, VWGs) statt. Diese werden ab Oktober 2020 per E-Mail und in Online-Meetings zu vier Themen Vorschläge für ein Abschlussdokument von ICCM5 erarbeiten und noch offene Fragen auf die Tagesordnung bringen. Die Ergebnisse der VWGs fließen dann in die weiteren Verhandlungen ein. An den VWGs können sich alle Stakeholder beteiligen, die sich beim SAICM-Sekretariat dafür registrieren.

Vier virtuelle Arbeitsgruppen

1 VWG Targets: Diese Arbeitsgruppe befasst sich mit konkreten Zielen, die SAICM Beyond 2020 erreichen will.

    • Bearbeitung bereits vorliegender Vorschläge abschließen,
    • Bessere Einbeziehung wichtiger Stakeholder, wie z.B. dem Landwirtschaftssektor
    • Entwicklung von geeigneten Indikatoren und Zwischenziele

2 VWG Governance and mechanisms to support implementation: Diese Gruppe beschäftigt sich mit der institutionellen Architektur von SAICM Beyond 2020 und damit, wie die Beschlüsse besser umgesetzt werden können.

    • Vorschläge zu folgenden Themen entwickelt:
    • Mulitsektorale Kooperation
    • Zusammenarbeit mit der Wissenschaft
    • Mechanismen zur Wirkungsmessung
    • Mechanismen zur kontinuierlichen Weiterentwicklung und die Etablierung möglicher Untergremien

3 VWG Issues of concern: Diese Gruppe befasst sich mit Chemikalien und Stoffgruppen, die besonders bedenklich sind.

    • Vorschläge zu bedenklichen Themen / Chemikalien / Stoffgruppen, die SAICM Beyond 2020 als IoCs, Issues of Concern konkret aufgreifen soll
    • Identifizierung von Prozessen für die Identifikation, Nominierung, Auswahl, Review und Priorisierung von IoCs
    • Klärung, wie mit den im jetzigen SAICM bestehenden sogenannten Emerging Policy Issues weiter verfahren werden soll

4 VWG Finance: Diese Gruppe arbeitet zum Thema Finanzen. Sie lotet Finanzierungsmöglichkeiten für SAICM und dessen Aktivitäten aus.

 

Parallel zu den Verhandlungen in den VWGs wird eine Ministerdeklaration vorbereitet, die dann bei ICCM5 im Juli 2021 verabschiedet werden soll. Dazu wurde eine sogenannte Friends of the President Group eingerichtet. Die Gruppe besteht aus 30 Vertreter*innen von Regierungen aller UN-Regionen, UN-Organisationen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die Zivilgesellschaft wird vertreten durch PAN, Pestizid Aktions-Netzwerk, IPEN und HEJSupport.

Wir werden gemeinsam mit dem deutschen NGO Bündnis Giftfreie Zukunft und den europäischen und internationalen NGOs daran arbeiten, einen internationalen Rahmen für Chemikaliensicherheit zu entwickeln, der Menschen und Umwelt real vor gefährlichen Chemikalien und Pestiziden schützt.

Termine

Oktober 2020: Start der Virtual Workings Groups (per E-Mail, ggfs. online)

Herbst/Winter 2020: Start der Arbeit der Friends of the President Group (voraussichtlich online)

März 2021: 4. Intersessional Process Meeting (IP4) in Rumänien (geplant als Präsenztreffen, abhängig von der Pandemie-Situation)

5. bis 9. Juli 2021: ICCM5 in Bonn

 

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